Welser Gestaltungsbeirat mit neuen Richtlinien zum Jubiläum

Am Donnerstag, 30. Juni trat der vor 30 Jahren ins Leben gerufene unabhängige Gestaltungsbeirat der Stadt Wels erstmals gemäß der am Montag, 7. Juni mit Stimmenmehrheit im Gemeinderat beschlossenen neuen Richtlinien zusammen. Momentan besteht dieses für die Stadtentwicklung so wichtige Gremium aus den drei Architekten Dipl.-Ing. Tilwin Cede (Innsbruck), Dipl.-Ing. Alexa Zahn, MSc (Wien) und Dipl.-Ing. Stefanie Murero (Klagenfurt).

Vorgeschichte: 1988 bis 1991

Zwar gibt es in Wels bereits seit einem Beschluss des Gemeinderates im Jänner 1988 einen Gestaltungsbeirat. Diese erste siebenköpfige Version war jedoch nicht unabhängig, da sie zum überwiegenden Teil aus Vertretern der Stadtpolitik und -verwaltung bestand: Nämlich aus dem jeweiligen Planungs- und Kulturreferenten, den Leitern der damaligen Dienststellen Stadtmuseum, Stadtplanung und Hochbaudienst sowie Vertretern des Musealvereins und der damaligen Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich und Salzburg. In dieser Zusammensetzung wurden bis Ende 1991 in 23 Sitzungen insgesamt 131 Tagesordnungspunkte behandelt.

Unabhängigkeit: Seit 1992

Als unabhängiges Gremium besteht der Gestaltungsbeirat in Wels seit einem Beschluss des Gemeinderates im März 1992. Diese Tatsache – und die erste Sitzung nach den damals neuen Richtlinien im Dezember des gleichen Jahres – bilden die Grundlage für das heurige 30-jährige Jubiläum. Planungsreferent und somit Vorsitzender war der damalige Stadtrat und spätere Vizebürgermeister und Bürgermeister Dr. Peter Koits. Bereits seit 1992 galt, dass sich der Kanzleisitz nicht in Wels-Stadt befinden darf und dass die jeweils drei Beiratsmitgliederfrei sind von persönlichem Interesse am Welser Baugeschehen“.

Das erste Dreier-Team bestand aus den von der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg nominierten Architekten Dipl.-Ing. Gert Cziharz aus Salzburg sowie Dipl.-Ing. Dr. Othmar Sackmauer und Dipl.-Ing. Albert Wimmer (beide Wien). Die Nachbesetzung erfolgte nach dem Prinzip, dass im Laufe eines Kalenderjahres das im jeweiligen Vorjahr längstdienende Mitglied ausscheidet und ein neues dafür nachrückt. Auf diese Weise kamen bis dato 32 Mitglieder zusammen. Davon stammten 13 aus Wien, acht aus Innsbruck, fünf aus Graz, drei aus Klagenfurt, zwei aus Salzburg und eines aus Bregenz: Also bewusst keines aus Oberösterreich. Ein Novum ist der momentane Frauenüberhang von zwei zu eins: Vor der Nominierung von Dipl.-Ing. M.Arch Marlies Breuss im Jahr 2012 – der bis dato vier weitere Frauen folgten – waren ausschließlich Männer zum Zug gekommen.

Von 1992 bis 2021 fanden 92 Sitzungen statt, die bisher letzte am Freitag, 26. November des Vorjahres (aufgrund von COVID-19 per Videokonferenz). Während dieses Zeitraumes behandelten die Mitglieder insgesamt 187 Projekte. Davon haben 163 den Gestaltungsbeirat erfolgreich passiert, davon rund 45 Prozent bei der ersten und weitere 30 Prozent bei der zweiten Vorlage. Die restlichen 25 Prozent benötigten bis zur erfolgreichen Genehmigung drei oder mehr Sitzungen.

Einige Projekte wurden in Wettbewerb übergeführt oder nicht weiterverfolgt. Es kam auch vor, dass der Beirat bereits vor Jahren genehmigte Vorhaben vor der Realisierung nochmals behandeln musste, da sich inzwischen die Anforderungen geändert hatten (z.B. Fassadengestaltung). Darüber hinaus waren die Gremiumsmitglieder bei vielen Architektenwettbewerben in der Jury vertreten. Diese Projekte mussten dann nicht mehr in den Gestaltungsbeirat, ausgenommen natürlich bei maßgeblichen Änderungen gegenüber dem Wettbewerbsergebnissen.

Zukunft: Seit 2022

Die neuen Richtlinien geben den Rahmen für die Arbeit des Gestaltungsbeirates für die kommenden Jahre vor. In der ersten Sitzung am Donnerstag, 30. Juni behandelten Dipl.-Ing. Cede, Dipl.-Ing. Zahn, MSc und Dipl.-Ing. Murero insgesamt vier Themen, davon drei Wiedervorlagen. Nachstehend sind die wichtigsten Änderungen und Neuerungen aufgelistet.

Zwar gibt es in Wels bereits seit einem Beschluss des Gemeinderates im Jänner 1988 einen Gestaltungsbeirat. Diese erste siebenköpfige Version war jedoch nicht unabhängig, da sie zum überwiegenden Teil aus Vertretern der Stadtpolitik und -verwaltung bestand: Nämlich aus dem jeweiligen Planungs- und Kulturreferenten, den Leitern der damaligen Dienststellen Stadtmuseum, Stadtplanung und Hochbaudienst sowie Vertretern des Musealvereins und der damaligen Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich und Salzburg. In dieser Zusammensetzung wurden bis Ende 1991 in 23 Sitzungen insgesamt 131 Tagesordnungspunkte behandelt.

Neue Definition der Zielsetzungen:

  • Der Gestaltungsbeirat unterstützt das öffentliche Interesse der Gemeinde an der städtebaulichen und architektonischen Qualität des Bauens und…
  • … die Stadt bei der Sicherung der bestehenden städtebaulichen und architektonischen Qualität, bei der Förderung der städtebaulichen und architektonischen Qualität von Planungen und bei der Verhinderung von städtebaulichen und architektonischen Fehlentwicklungen.
  • Zudem berät er Politik und Verwaltung in der Formulierung städtebaulicher und architektonischer Kriterien und unterstützt in der Vermittlung dieser Kriterien an die Bürger und die Medien.

Genauere Kriterien zur Beurteilung der Projekte (auszugsweise):

  • Schaffung einer charakterbildenden Quartiersplanung mit zukunftsfähigen und adaptierbaren Strukturen und einer harmonischen Ausgewogenheit von Freiraum und Bebauung.
  • Identitätsstiftende Bau- und Freiraumstrukturen mit detailvollen, strukturierten, gegliederten und abwechslungsreichen Fassaden, die private und öffentliche Freiräume von hoher Qualität ermöglichen.
  • Das zu beurteilende Projekt hat sich in das Stadtbild optimal einzufügen. Dabei sind gerade in der Innenstadt bei der Fassaden- und Dachgestaltung die historischen Baustrukturen in die Gestaltung aufzunehmen und zu berücksichtigen.
  • Bei Quartiersentwicklungen und großen Bauprojekten müssen ausreichende und teilweise öffentlich zugängliche Freiräume zur Verfügung stehen. Allenfalls sind auch Parkanlagen für den übergeordneten Bedarf (z.B. Stadtteilparks) vorzusehen. Blockrandbebauungen sind bevorzugt.
  • Der Straßenraum ist so zu gestalten, dass neben einer ausgewogenen Berücksichtigung der Verkehrsarten jedenfalls auch die Pflanzung von Straßenbäumen ermöglicht wird

Genauere Auswahl der Projekte, die in den Beirat kommen sollen:

  • Dem Gremium werden sämtliche Bauvorhaben zur Begutachtung vorgelegt, die auf Grundlage ihrer Größenordnung oder ihres Standortes im Stadtbild dominant in Erscheinung treten beziehungsweise im Hinblick auf Ortsverträglichkeit zu prüfen sind. Dies betrifft insbesondere Projekte in der Innenstadt.
  • Neu-, Zu- oder Umbauten von Großbauten mit einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 3.000 Quadratmetern für Wohn-, Misch-, oder tertiäre Nutzung. Dazu gehören Dienstleistungsbetriebe (Büros, Gesundheitspraxen etc.), aber auch Betriebe für den Handel mit Waren aller Art.
  • Gewerbliche Neu-, Zu- und Umbauten mit einem Bruttorauminhalt von mehr als 000 Kubikmetern, wie insbesondere Fabrikations- und Lagerhallen.
  • Bei städtebaulichen Vorgaben für Wettbewerbe ist der Beirat beratend tätig.
  • Projekte, die über Vorschlag des zuständigen Stadtsenatsmitgliedes an den Beirat zugewiesen werden.

Teilnahme an den Sitzungen:

  • Neben dem für die Produktgruppe Stadtplanung zuständigen Mitglied des Stadtsenates nehmen auch der Bürgermeister und das für die Produktgruppe Baurecht zuständige Mitglied des Stadtsenates sowie die jeweils zuständigen Sachbearbeiter So soll die hohe Qualität der Projekte im Gestaltungsbeirat auch in der Realisierung umgesetzt werden.
  • Zusätzlich können andere Fachleute oder Sachverständige (z.B. Denkmalschutz, Raumplanung, Verkehrsplanung etc.) beratend und ohne Stimmrecht beigezogen werden.

Bestellung und Funktionsdauer:

  • Zwei Mitglieder werden von der Ingenieurkammer für Oberösterreich und Salzburg, ein Mitglied wird vom für Stadtplanung zuständigen Mitglied des Stadtsenates vorgeschlagen.
  • Die Funktionsdauer der Mitglieder wurde von drei auf viereinhalb Jahre verlängert. Alle eineinhalb Jahre kommt ein neues Mitglied
  • Nach einer Pause von eineinhalb Jahren ist eine Wiederbestellung möglich.

Stadtrat Ralph Schäfer, MSc (Bauen, Wohnen & Stadtentwicklung): „Um eine zeitgemäße Stadtentwicklung sicherstellen zu können, war es erforderlich, nach drei Jahrzehnten auch die Richtlinien des Gestaltungsbeirates an die Erfordernisse einer modernen Stadtplanung anzupassen. Bei künftigen Bauprojekten spielen daher eine charakterbildende Quartiersplanung mit zukunftsfähigen Strukturen und die Ausgewogenheit zwischen Freiraum und Bebauung eine bedeutende Rolle. Ausreichend öffentlich zugängliche Grünräume und Parkanlagen rücken ebenso in den Fokus des Gestaltungsbeirates. Gebäude sollen sich außerdem optimal in bestehende Strukturen einfügen, Fassaden strukturiert und detailliert gestaltet und die vorhandene historische Bausubstanz in der Stadt bewahrt werden.“

Textquelle: Stadt Wels 

Bildquelle: FPÖ Wels

Stadtrat Ralph Schäfer bei der Pressekonferenz
Stadtrat Ralph Schäfer bei der Pressekonferenz